
Die Studie, durchgeführt von Consumer Panel Services Germany GfK GmbH (CPS GfK) und dem FUTURE Institute for Sustainable Transformation an der Frankfurt School of Finance & Management (FUTURE Institute), untersucht, warum Konsumenten oft nicht im Einklang mit ihren nachhaltigen Überzeugungen handeln.
Der sogenannte Attitude Behavior Gap (ABG) beschreibt die Diskrepanz zwischen den Konsumeinstellungen der Verbraucher und ihrem tatsächlichen Kaufverhalten. In ihrer Studie untersuchen CPS GfK, führendes Unternehmen im Bereich Shopper Insights und seit Januar 2024 Teil von YouGov, und das FUTURE Institute, welche Schlüsselfaktoren diese Lücke im Bereich Nachhaltigkeit beeinflussen. Messbar gemacht wurde die Lücke durch den Wert „Eco(logical)-Basics ABG“, der die Diskrepanz zwischen den nachhaltigen Einstellungen eines Haushalts und dem tatsächlichen nachhaltigen Kaufverhalten aufzeigt. Die Daten zeigen: Trotz einer wachsenden Bereitschaft, nachhaltig zu konsumieren, scheitern viele Verbraucher an der Umsetzung ihrer Absichten – vor allem aufgrund finanzieller und praktischer Hürden.
Nachhaltige Einstellung, lückenhaftes Verhalten
Die Analyse der Haushaltsdaten zeigt, dass Haushalte mit einer positiven Einstellung zur Nachhaltigkeit, im Durchschnitt nur 14,6 Prozent ihres Bedarfs an Fast Moving Consumer Goods (FMCG) tatsächlich mit nachhaltigen Produkten abdecken (tatsächliches nachhaltiges Kaufverhalten). Dies führt zu einem durchschnittlichen ABG von 0,517 (0 = keine Diskrepanz, 1 = größtmögliche Diskrepanz), was die Kluft zwischen Einstellung und tatsächlichem Verhalten unterstreicht. Besonders ausgeprägt ist diese Lücke bei älteren Verbrauchern sowie Haushalten mit geringerem Einkommen und niedrigem Bildungsniveau.
Einkommen und Bildung als Rahmenfaktoren
Die Studie verdeutlicht, dass der sozioökonomische Status den Rahmen für nachhaltige Kaufentscheidungen vorgibt. Haushalte mit höherem Einkommen und höherer Bildung weisen eine kleinere Lücke zwischen ihren nachhaltigen Einstellungen und ihrem tatsächlichen Kaufverhalten auf. Diese Gruppen verfügen über mehr finanzielle Mittel und besseren Zugang zu Informationen, was ihnen ermöglicht, eher im Einklang mit ihren Überzeugungen zu handeln. So liegt der Eco(logical)-Basics ABG bei Haushalten mit höherer Bildung bei 0,494, während er bei Haushalten mit niedrigerer Bildung auf 0,542 ansteigt. Auch wenn der Unterschied klein erscheint, zeigt er aufgrund der Skalierung der Messgröße von 0 bis 1 eine klare Differenz im nachhaltigen Verhalten zwischen den verschiedenen Haushaltsgruppen auf. Auffällig ist, dass sich Haushalte mit niedrigem und hohem Einkommen bei ihrer nachhaltigen Einstellung kaum unterscheiden, sehr wohl aber im nachhaltigen Einkaufsverhalten. Das deutet darauf hin, dass finanzielle und praktische Hürden eine entscheidende Rolle spielen, wenn es darum geht, pro-nachhaltige Einstellungen in die Tat umzusetzen.
Die Auswirkungen von Preisgestaltung, Convenience und Wahl der Einkaufsstätte
Ein wichtiger Faktor, der das nachhaltige Kaufverhalten beeinflusst, ist der Preisunterschied zwischen nachhaltigen und konventionellen Produkten. Die Ergebnisse zeigen: Je kleiner die Preisdifferenz ist, desto eher entscheiden sich Konsumenten für nachhaltige Alternativen. Bei Kategorien wie Fleisch und Milchprodukten, bei denen die Preisunterschiede besonders groß sind, ist auch der ABG am höchsten. Dies deutet darauf hin, dass die Preispolitik eine wichtige Stellschraube sein kann, um den nachhaltigen Konsum zu fördern.
Zudem zeigt die Studie, dass Convenience eine entscheidende Rolle spielt. Produkte müssen funktional und qualitativ mit konventionellen Alternativen mithalten können. Dazu gehört auch, dass Konsumenten nicht bereit sind, Genuss, Geschmack oder Produktleistung zugunsten nachhaltiger Alternativen zu opfern. Produkte müssen außerdem leicht in die alltäglichen Einkaufsroutinen der Konsumenten integriert werden können. Haushalte, die nachhaltige Produkte als weniger praktisch wahrnehmen, zeigen eine größere Kluft zwischen ihren Überzeugungen und ihrem Kaufverhalten.
Eine breite Produktpalette fördert nachhaltigen Konsum
Die Studie hebt auch die Bedeutung einer breiten nachhaltigen Produktpalette hervor. Ein größeres Angebot an nachhaltigen Alternativen führt zu einem kleineren ABG. Da Verbraucher das beste nachhaltige Produkt für ihre Bedürfnisse aus einem größeren Sortiment auswählen können, werden sie eher ermutigt, ein nachhaltiges Produkt anstelle seines konventionellen Gegenstücks zu kaufen.
Einzelhandelskanäle, die nachhaltige Produkte bequem und sichtbar platzieren und oftmals auch eine große nachhaltige Produktpalette anbieten, wie zum Beispiel Bio-Supermärkte oder Drogerien, können mit einem deutlich geringeren ABG punkten. Discounter und Hypermärkte weisen eine größere Lücke auf, obwohl sie große Konsumentengruppen erreichen.
Positive Kommunikation als Schlüssel zur Verhaltensänderung
Ein weiteres Ergebnis der Studie zeigt: Marketing, das auf Schuldgefühlen oder negativen Emotionen basiert, stößt häufig auf Ablehnung. Stattdessen ist eine positive Kommunikation über die Vorteile nachhaltiger Produkte deutlich effektiver. Haushalte, die sich aktiv für Nachhaltigkeit engagieren und positive Anreize erhalten, zeigen einen Eco(logical)-Basics ABG von 0,503 auf, der deutlich unter dem FMCG-Durchschnitt liegt.
„Unsere Forschung zeigt klar, dass Verbraucher von den richtigen Werten und der richtigen Absicht geleitet werden, aber oft vor strukturellen und sozialen Barrieren stehen, die es ihnen erschweren, entsprechend zu handeln“, kommentiert Silke Leibmann, Global Commercial Director, Advanced Solutions bei CPS GfK. Benedetta Pompetzki, Senior Project Manager des FUTURE Institute, ergänzt: „Es ist von entscheidender Bedeutung, dass sowohl Unternehmen als auch politische Entscheidungsträger stärker darauf hinarbeiten, diese Barrieren zu reduzieren und den Übergang zu nachhaltigeren Konsummustern zu erleichtern.“
Hintergrund: Marktlücken im nachhaltigen Konsum
Trotz des steigenden Verbraucherinteresses an nachhaltigen Produkten bestehen erhebliche Marktlücken, die durch Innovationsbarrieren, lange Entwicklungszyklen und mangelnde Marktverfügbarkeit verursacht werden. Um diese Lücken zu schließen, müssen Unternehmen skalierbare, nachhaltige Lösungen entwickeln und die Zusammenarbeit mit Regulierungsbehörden verbessern. Eine breitere Produktverfügbarkeit und kürzere Innovationszyklen sind entscheidend, um das Verbraucherverhalten nachhaltig zu verändern.
Gleichzeitig benötigen Verbraucher klare, verlässliche Informationen, um fundierte, nachhaltige Entscheidungen zu treffen. Der aktuelle „Label-Dschungel“ und irreführende Öko-Claims erschweren diesen Prozess und schüren Misstrauen. Eine Vereinfachung und Standardisierung der Nachhaltigkeitskennzeichnungen ist unerlässlich, um das Vertrauen der Verbraucher zu stärken.
Schließlich ist auch eine stärkere regulatorische Unterstützung notwendig. Staatliche Vorschriften und Anreize sind entscheidend, um die Kluft zwischen Einstellung und Verhalten der Verbraucher zu überwinden. Ein klarer, transparenter Regulierungsrahmen kann helfen, nachhaltige Entscheidungen zu fördern und den nachhaltigen Attitude Behavior Gap zu verringern.