Gastbeitrag – So geht Tankstelle in 2050!

Foto: Melanie Friedrich; Dall-e

Wie können wir uns eine Tankstelle in 25 Jahren vorstellen? Diese Frage stellten wir in unserem Jubiläumsjahr “70 Jahre tankstelle” mehreren Akteuren in der Tankstellenbranche. Auch die Systemgastronomie ist ein Teil von ihr. Vielen Dank an dieser Stelle an Michael Möhring, Organisator des “ErfaFoodService”, der uns diesen Gastbeitrag lieferte. Seiner Ansicht nach sollte 2050 das Angebot an Tankstellen mit der Zielgruppe matchen. Am 1. Oktober können Interessierte übrigens die Expertise der Teilnehmer auf der Schwäbischen Alb live beim “Travel Hospitality”-ErfaImpuls-Treffen genießen.

Michael Möhring: “Eine Tankstelle wird 2050 sicher nicht so einheitlich aussehen, wie wir sie heute kennen, denn dieser Sektor wird sich mehr und mehr in Richtung multifunktionale All-in-one-Lösung bewegen müssen.

Es ist davon auszugehen, dass eine an die unterschiedliche Lebenswelt der Kunden angepasste Kombination aus Dienstleistungen und Angeboten eine sehr bunte Landschaft prägen wird. Die Standorte werden sich entsprechend der Ziel- und Stilgruppe sehr unterschiedlich entwickeln und das Angebot gezielt auf den aktuellen Bedarf sowie auf die Kundenerwartungen ausgerichtet sein. Beispielsweise für diejenigen, die im Umfeld wohnen, die auf dem Weg von und zur Arbeit sind und für Privat- und Geschäftsreisende.

Angenehmes mit Nützlichem verbinden

Die Entscheidung, “wo lade bzw. tanke ich” wird viel stärker davon abhängen, wie die verschiedenen Zielgruppen diesen notwendigen Vorgang respektive ihren Aufenthalt mit anstehenden und / oder wiederholenden Aufgaben sowie angenehmen und nützlichen Aktivitäten und Notwendigkeiten kombinieren können. 

Die jeweilige Strukturierung der Standorte wird u.a. durch nachfolgende Inhalte, Angebote, Dienstleistungen geprägt sein. Nicht statisch, sondern flexibel für zukünftige Neuausrichtungen, denn die Schwerpunkte werden sich allein schon über das Jahr (saisonal) hinweg verschieben.

  • Laden – limitiert auf die Menge, die nicht zuhause oder bei der Arbeit geladen wird. 
  • Tanken von E-Fuels und Wasserstoff. Es ist davon auszugehen, dass es aus Sicherheitsgründen innerstädtisch Limitierungen geben wird. 
  • Übergabepunkt von Bestellungen, Lieferungen, Rückgaben, Paketaufgaben in den Segmenten. Schwerpunkt über Ausgabefächer oder automatisierten Ausgabestationen
    • Nonfood 
    • Lebensmittel-Warenkörben (tiefgekühlt, gekühlt, ambient)
    • Getränkezapfstellen in Mehrweggebinden
    • Rücknahme Mehrwegkonzepte
    • Komplett oder teilweise zubereitete Mahlzeiten & Gerichte. Vorzugsweise ready to heat / to mix bzw. finish / zum Individualisieren (hoher Conveniencegrad)
    • Roboterküchen à la GoodBytz mit individueller Zusammensetzung für den Kunden. Bestellung via Mobiltelefon, auf personalisierte Ernährungsgewohnheiten abgestimmt.
    • Medikamente aus der Apotheke
  • Home Office out of Home, Co Working Spaces und Meeting-Aereas
  • Nachbarschaftstreffpunkt mit Bistro-Atmosphäre. Mix aus persönlichem Service und Automatengastronomie.
  • Übergabe- und Abholpunkt für:
    • Carsharing  
    • Fahrradverleih- und Lastenfahrradverleih
  • Treff- und Ausgangspunkt für private und berufliche Aktivitäten
    • Joggen / Wanderungen
    • Fahrradtouren
  • Halte- und Sammelpunkt für Busse-, Taxen, Pendler 
  • Massage- und Krankengymnastik Angebote & Co.
Kulinarische Polarisierung

Das gastronomische Angebot, losgelöst von der Ausgabeform, das dazu passende Ambiente (Lebenswelt) wird für die Akzeptanz der Ziel-, Gäste- und Kundengruppe immer entscheidend sein und ausschlaggebend für die Identifizierung bzw. der Orientierung, wo gehe ich hin. Stichwort: “Kulinarische Polarisierung”. Die weiteren Dienstleistungen und Angebote müssen sich dem unterordnen und anpassen. Healthy Kitchen, Feel Good Ambiente passen nicht mehr mit den Margenbringern wie 0,02 Ltr. Schnapsfläschchen, Zigaretten und Glücksspielautomaten zusammen. 

Viele Veränderungen, die im Food Report 2025 von Hanni Rützler vorausgesagt wurden, werden eine Einfluss haben. Hier ein Beispiel: “Junge, besser gebildete und Bio-Landwirt:innen setzen vermehrt auf Direktvermarktung” (Hanni Rützler im Food Report 2025).

Dies hat zur Folge, dass die Produkte bedarfsgerecht online geordert werden und an Übergabepunkten – die auch den hygienischen und kühltechnischen Anforderungen entsprechen – übergeben bzw. abgeholt werden. Plattformen wie “marktschwaermer.de” werden zukünftig den Bedarf bündeln. 

Realitätsabgleich und Prognose

Spannend bleibt, ob und wie die A und B Marken der Tankstellen, diesen Wandel und die notwendige Individualität abdecken und beherrschen werden.

Es wird viel Freiraum und Chancen für mutige Individualisten geben, die Ihrem Konzept, zugeschnitten auf das vorhandene Kunden- und Gästepotential, ein “Gesicht” geben bzw. sich als innovativer Gastgeber präsentieren. 

Es werden sich Marken- und Franchisekonzepte entwickeln, die sich auf die Bedürfnisse und Ansprüche der vorhandenen Zielgruppen einstellen und vor Ort den notwendigen Spielraum für engagierte Betreiber geben. 

Tankstellen haben die einmalige Chance, im ländlichen Raum – aufgrund des drastischen Rückgangs der kleinen und mittelständischen Gastronomie – die Rolle des unkomplizierten und legeren Treffpunkts und einer Kommunikationsplattform auszufüllen.”

www.erfa-foodservice.de

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