
Fotos: Dr. Tobias Romberg
Rifat und Aferdita Mula haben eine Tankstelle gekauft und innerhalb von wenigen Monaten auf Vordermann gebracht. Das Paar hat dabei fast alles selbst gemacht, lebt seinen Unternehmertraum und steht dafür jeden Tag mindestens zwölf Stunden in der eigenen Tankstelle.
„Die Cevapcici müssen Sie nachher mal probieren“, sagt Rifat Mula: „Wir machen hier fast alles selbst. Das kommt bei den Kunden gut an.“ Rifat Mula trägt einen Pullover, der den Schriftzug seines Unternehmens „Peaky Shiners“ trägt. Der 43-Jährige hatte das Unternehmen 2020 gegründet. Seine Mission: Die Aufbereitung besonders teurer Fahrzeuge, inklusive Innen- und Außenpflege. Der Instagram-Account „peakyshiners81“ zeigt eindrucksvoll glänzende Fahrzeuge, die mit Sicherheit nicht ganz günstig sind. Rifat Mula liebt Fahrzeuge, insbesondere Youngtimer. Sein Lieblingsexemplar: Ein Mercedes W124.
Rifat und Aferdita Mula leben im nordrhein-westfälischen Plettenberg, tiefstes Sauerland. Rifat Mula ist hier aufgewachsen. Sein Vater kam in den 1970er-Jahren als „Gastarbeiter“ aus dem Kosovo nach Deutschland. Er heuerte bei Thyssen an und konnte dann seine Frau aus der Heimat nachholen. Vier Kinder bekam das Paar. Rifat hat zwei Schwestern und einen Bruder, den es auch in die Automobil-Branche gezogen hat. Er ist Verkäufer bei Mercedes.
„Ich habe mich seit meiner Kindheit sehr für Autos interessiert“, erzählt Rifat Mula in seiner Werkstatt, die an den Tankstellenshop grenzt. Rifat hat die Tankstelle, die etwa eineinhalb Jahre brachlag, und das gesamte Gelände 2024 gekauft. Lässig stützt er sich auf einem Stehtisch in der Werkstatt ab. Zwei volle Aschenbecher stehen auf dem Tisch. Das Rauchen ist Rifats einiges Laster.
Große Fahrzeuge-Leidenschaft
Nach einem Abschluss an einer Gesamtschule absolvierte er an einer Tankstelle seine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker. Doch im Anschluss findet er zunächst keinen Job in der Autobranche. Er arbeitet in einer Schmiede – und verliert seine große Leidenschaft, die Fahrzeuge, nicht aus den Augen. „2008 habe ich meine erste Schulung im Bereich der Fahrzeugaufbereitung gemacht“, erzählt er. Es folgen über die Jahre weitere Schulungen im ganzen Bundesgebiet – und erste Aufträge im Sauerland. Mula kümmert sich „nebenbei“ um hochwertige Fahrzeuge. Es spricht sich herum, dass dieser offenbar ein Händchen für solche Karossen hat. 2020 gründet Rifat dann „Peaky Shiners“. Zunächst bringt er die Autos in einer kleinen Garage auf Vordermann. Dann baut er sich in Plettenberg seine eigene große Halle. Selbst machen – das ist das, was Rifat kann und will. Rifat bietet seinen Kunden – über die Jahre kommen viele Firmen dazu, die ihre Fahrzeuge bei Rifat pflegen lassen – an, die Fahrzeuge abzuholen und zurückzubringen. „Das gehört zum guten Service dazu“, sagt er. Doch der Service ist zeitaufwendig, denn Rifats Halle im Ortsteil Lettmecke ist weit entfernt von einigen großen Unternehmen im Plettenberger Industriegebiet, die zu seinen Kunden gehören.
Rifat Mula beschließt deswegen, sich in der Gegend seiner größeren Kunden umzusehen. Schnell fällt sein Blick auf eine marode Tankstelle, die in der wohlklingenden Straße „Auf dem Stahl“ liegt, nur einige hundert Meter entfernt von der viel befahrenen Herscheider Straße, mitten im Industriegebiet. Rifat recherchiert, streckt die Fühler aus und kauft letztlich die Tankstelle, für die er eine GmbH gründet: Die Geburtsstunde von „RM Kraftstoffe“.
2024 wird alles renoviert
Die Tankstelle wurde 2001 gebaut und anfangs von dem örtlichen Unternehmen „Heizöl Meister“ betrieben, ehe dort bis 2023 ein Pächter eine „Avia“-Tankstelle führte. Und dann ist Rifat am Zug. Er krempelt die Ärmel hoch, renoviert 2024 alles allein. „Ein halbes Jahr lang habe ich nichts anderes gemacht. Ich war jeden Tag hier, um mir den Traum von meiner Tankstelle mit angrenzender Werkstatt für die Fahrzeugaufbereitung und Waschanlage zu erfüllen. Jeden Tag zehn bis zwölf Stunden“, sagt Rifat.
Am 6. Dezember 2024 war es dann so weit: Die Mulas eröffnen ihre Tankstelle. RM – auch das Logo hat Rifat selbst entwickelt – ziert die Zapfsäulen und das Dach. RM, das sind Initialen des Inhabers. „Es musste sich natürlich erst einmal rumsprechen, dass es hier wieder eine Tankstelle mit Shop gibt“, sagt Rifat. Aber das habe gut geklappt, denn er und seine Frau Aferdita setzen auch auf den „Imbiss-Faktor“. An den modern eingerichtet Shop grenzt eine Gastroküche. „Die war bei Übernahme voll ausgestattet. Wir haben sie dann komplett gesäubert und aufpoliert“, so Rifat. Seine Frau Aferdita ist nun für das kulinarische Angebot zuständig. Sie wird dem Reporter später die bereits angepriesenen Cevapcici servieren – eines von vielen besonderen Angeboten. Die Mulas bieten zudem belegte Brötchen, Pommes, Bockwurst, Currywurst und Burger an. Und donnerstags ist Fleischwursttag. Frühmorgens holt Rifat dann viel Fleischwurst von einem Metzger in Plettenberg.
Seit Eröffnung im Dezember 2024 steht das Ehepaar Mula fast jeden Tag ab 3:30 Uhr morgens in der eigenen Tankstelle. Öffnungszeiten der Tankstelle: 5 bis 16 Uhr. Noch haben die beide keine Mitarbeiter. „Wir möchten erst einmal die Tankstelle ins Laufen kriegen“, sagt Rifat im März 2025. Er und seine Frau machen nahezu alles allein, einzig ein Steuerberater unterstützt die beiden. Rifat kümmert sich unter anderem um Bestellungen für den Shop, den Einkauf des Kraftstoffs, um Stationskarten und ein 24-Stunden-Tanksystem. „Ich habe mich da überall reingefuchst“, sagt er stolz. Er räumt aber auch ein: „Eine eigene Tankstelle ist am Anfang sehr, sehr stressig.“ Die Mulas werden in diesem Jahr auch keinen Urlaub machen. „Tankstelle und Werkstatt haben jetzt erstmal Vorrang“, sagt Rifat. Früher sei er leidenschaftlich gern in die Fitnessbude gegangen, aber dafür fehle derzeit die Zeit. Dennoch liebt er seine Selbstständigkeit: „Ich würde jederzeit eine zweite eigene Tankstelle eröffnen, da ich mir nun vieles selbst beigebracht und erarbeitet habe.“
Noch mehr Fahrzeugaufbereitung
Für die erste Tankstelle hier in Plettenberg haben die Mulas noch einige Pläne. Die Fahrzeugaufbereitung soll noch ausgeweitet werden. Und draußen neben dem Tankstellenshop soll eine Terrasse mit mindestens 20 Sitzplätzen entstehen. „Es ist mein Traum, dass hier am Wochenende dann Menschen sitzen, die ihr Auto in unserer Anlage waschen lassen und die Zeit mit Speisen von uns in der Sonne überbrücken“, so Rifat. Er möchte gern auch am Wochenende Anlaufstelle für die Tuning-Szene werden. „Wir merken jetzt schon, dass sich per Mundpropaganda verbreitet, dass es hier wieder eine Tankstelle mit Shop gibt und wir gute Angebote für Mensch und Fahrzeug haben.“
Von der Politik wünschen sich die Mulas, dass die Rahmenbedingungen für Unternehmer besser werden. „Insbesondere für kleinere Unternehmen ist das schon viel Bürokratie“, sagt Rifat. Das könne einen ziemlich aufhalten. Zudem habe er unterschätzt, dass „jeder die Hand aufhalte, wenn man eine Tankstelle betreibt“. Rifat meint damit beispielsweise hohe Kosten für das Bezahlen mit EC-Karte in der Tankstelle oder auch Kosten für Kassen-Updates. Das sollte man, so Rifats Tipp, als Neuling in der Tankstellenbranche stets im Blick haben.
Aber ansonsten ist Rifat Mula glücklich mit seiner Entscheidung. Er ist dankbar für die große Unterstützung, die seine Frau ihm im Shop- und Gastro-Bereich bietet, und stolz auf seine 15-jährige Tochter und seinen zehnjährigen Sohn, die es morgens alles ganz gut allein hinkriegen, wenn Papa und Mama schon in der Tankstelle stehen. „Morgens, kurz bevor sie dann zur Schule müssen, fahre ich nochmal schnell zu ihnen nach Hause und bringen ihnen frisch belegte Brötchen aus der Tankstelle für die Schule vorbei.“ Ein ganz besonderer Service, den auch nicht jeder bekommt…








Text: Dr. Tobias Romberg