E-Mobilität – Planung und Umsetzung von E-Ladesäulen

Foto: Smatrics

Das von der Bundesregierung selbst gesetzte Ziel von 15 Millionen E-Autos bis 2030 lässt sich laut aktueller Prognosen wohl nicht erreichen. Es fehlt unter anderem an Ladesäulen. Eine Möglichkeit für das Mobilitätszentrum Tankstelle.

Einer der zentralen Gründe, warum Neuautokäufer sehr zurückhaltend beim Kauf von Elektroautos sind, ist, dass es nicht ausreichend Ladepunkte gibt. Stand 1. Januar 2024 fahren in Deutschland noch 44.500.000 Kraftfahrzeuge mit fossilen Brennstoffen, wie die „Tagesschau“ im März unter Berufung auf das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) feststellte. Reine Elektroautos kommen auf 1.408.681 Exemplare, was im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 39,1 Prozent darstellt. Bei den Hybridautos – inklusive Plug-in-Hybrid – stieg die Zahl laut KBA um 24,5 Prozent auf rund 2,9 Millionen. Um die nationalen Klimaziele für 2030 auch nur annähernd erreichen zu können, bedarf es weit mehr Elektroautos als bisher. Und dafür mehr Ladepunkte.

Die Skepsis ist hoch

Tankstellenbetreiber sind jedoch oft skeptisch: Die Genehmigungsverfahren für E-Ladesäulen sind kompliziert, die Anschaffung kostspielig und am Ende will man schließlich Absatz mit einer jeden Neuanschaffung machen. Doch wie funktioniert eigentlich die Umsetzung von E-Ladesäulen an Tankstellen? Hierüber informierte ein Konsortium aus drei Firmen und einer Institution im Webinar „E-Mobilität für Tankstellen in Deutschland“ am 5. März: die „EnBW“- und „Verbund“-Tochter „Smatrics“, HEM, „Mi-tos“ und die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur.

E-Mobilität an HEM-Tankstellen
Carsten Pohl, Geschäftsführer, “Deutsche Tamoil GmbH”
Foto: Arne Weychardt; HEM

Bereits seit 2018 gibt es an den HEM-Tankstellen der „Deutsche Tamoil“ Schnellladeinfrastruktur. Die HEM-Tankstellen arbeiten mit zwei Ladenetzbetreibern zusammen, welche Teile ihrer Grundstücke nutzen. „Aktuell haben wir 95 Ladepunkte (150 oder 350 kW) auf 27 Tankstellengrundstücken“, berichtete Frank Sternberg, Leiter Netzentwicklung bei HEM im Webinar. Künftig wolle die HEM selbst in Schnellladetechnik an geeigneten Tankstellen investieren. Eine Prognose lasse sich hier aber kaum stellen, da man von äußeren Umständen abhängig sei. „Die Umsetzung der Ladeprojekte hängt sehr von den Kapazitäten der Hersteller ab. So haben zum Beispiel Trafohersteller Lieferzeiten von bis zu einem Jahr und darüber hinaus“, sagte Carsten Pohl, Geschäftsführer der „Deutsche Tamoil GmbH“ auf Anfrage der „tankstelle“. „Zusätzlich werden die Planungen häufig von den fehlenden Netzkapazitäten an den vorgesehenen Standorten beeinflusst. Insofern ist es schwierig, einen Zeithorizont vorzugeben. In jedem Fall wollen wir alle geeigneten HEM-Standorte, an denen das wirtschaftlich sinnvoll ist, mit Schnell- und Ultraschnell-Ladern ausstatten.“

Planung: Der zeitliche Vorlauf

„Die Zeit, die ein Tankstellenbetreiber einplanen sollte, um eine Schnellladesäule an seiner Tankstelle zu errichten, ist abhängig von unterschiedlichen Faktoren“, sagt Hauke Hinrichs, Geschäftsführer bei der „Smatrics“. „Grundsätzlich kann man sagen, dass der gesamte Prozess, von der Standortauswahl bis zur Inbetriebnahme, zwölf bis 24 Monate in Anspruch nimmt.“ Der kritische Pfad sei dabei fast immer der Netzanschluss. „Nach Antrag und Prüfung beim Verteilnetzbetreiber dauert die Realisierung teilweise zwölf Monate und mehr. Der Bau der Ladeinfrastruktur selbst benötigt meist nur zwei bis vier Wochen“, so Geschäftsführer Hinrichs.

Ein Kosten-Beispiel

Wie bei jeder Investition, ist die Frage nach den Kosten entscheidend. Beim Bau einer Schnellladesäule hängen diese von verschiedenen Faktoren ab: Standort, Leistungsfähigkeit der Ladestation, Netzanschlusskosten, Genehmigungsgebühren, Bau- und Elektrotechnik. „Smatrics“-CEO Hauke Hinrichs: „Im Schnitt kann man mit einem Gesamtinvestment von rund 120.000 Euro aufwärts pro Ladepunkt bei High Power Chargern (HPC) – ab einer Maximalleistung von 300 bis 400 kW rechnen.“

Preishoheit erlangen
Hauke Hinrichs, CEO, “Smatrics”
Foto: Smatrics; Photo Simonis Wien

Wenn ein Tankstellenbetreiber einen Service an seiner Station anbietet, will er eine gewisse Preishoheit erlangen. „Im aktuellen roamingbasierten Elektromobilitäts-Marktdesign tritt der Tankstellenbetreiber entweder als eigener Charge Point Operator (CPO) am Markt auf und übernimmt dabei bilateral oder über Roamingplattformen die Vertrags- und Preisverhandlungen mit sogenannten EMPs (E-Mobility Provider)“, sagt CEO Hauke Hinrichs. „Oder aber er tritt großen Netzwerkbetreibern wie zum Beispiel der ‚Smatrics‘ bei. Durch eine Aggregation profitiert der Tankstellenbetreiber von den Vertragsverhandlungen des EMP und spart damit Kosten und Manpower. Dies hat aber keinen unmittelbaren Einfluss auf die Preisgestaltung.“ Bei den eigenen Tank- beziehungsweise Ladekarten sei der Tankstellenbetreiber natürlich vollkommen frei in der Preisgestaltung sowie beim sogenannten Direct Payment. „Hier können Tankstellenbetreiber aktuelle Preise für onlinebasierte Zahlungen über ‚Smatrics‘ beziehen, sowie die, insbesondere von der AFIR (Anm.d.R.: Alternative Fuels Infrastructure Regulation) geforderten, kreditkartenbasierten Payments, flexibel einstellen“, so Hinrichs weiter. „Ich glaube, dass sich die Elektromobilitätswelt stärker dem aktuellen Tankgeschäft nähern wird. B2B- beziehungsweise Geschäftskunden werden stark über (Business-)Ladekarten der Firmen laden, mit entsprechenden Akzeptanz- beziehungsweise Roamingverträgen für maximalen Komfort.“ Preissensitive B2C-Endkunden werden Geschäftsführer Hauke Hinrichs zufolge stärker der Möglichkeit des Online-Direct-Payments den Vorzug geben und darauf achten, wo und bei wem sie laden.

Anforderungen von Seiten der Politik

Die von der AFIR verbindlichen nationalen Ziele zum Aufbau einer ausreichenden Infrastruktur werden vom E-Mobility-Unternehmen „Smatrics“ laut Geschäftsführer Hauke Hinrichs vollumfänglich erfüllt und zeitgerecht umgesetzt. „Die konkret an den Ladestandorten mit über 50 kW geforderten Payment Terminals werden bei ‚Smatrics EnBW‘ (Österreichs flächendeckendes Schnellladenetz) natürlich umgesetzt. ‚Smatrics‘ hat hierzu eine Hardware-neutrale Lösung entwickelt, die auch im White Label verfügbar ist.“ Momentan sind die Ladesäulen mit den Kassensystemen der Firma „Huth“ kompatibel. Auf der „Uniti expo“ wird „Smatrics“ auch am „Huth“-Stand (Halle 5, Stand 5B60) vertreten sein.

Ausblick in die Zukunft

Mögliche Szenarien, in welchen Ladesäulen herkömmliche Zapfsäulen ersetzen, kursieren zwar im Netz, sind aber in der Realität noch weit entfernt. „Dafür müsste sich die Nachfrage um ein Vielfaches stärker von Diesel und Benzin hin zu Ladestrom verschieben und ein solcher Trend ist aktuell nicht erkennbar“, sagte Carsten Pohl, Geschäftsführer bei der „Deutsche Tamoil GmbH“. „Im Gegensatz zur aktuellen Politik orientiert sich die Wirtschaft an den Bedürfnissen der Menschen und deren Realität deutet darauf hin, dass in diesem Jahrzehnt nicht mit dem Austausch von Zapfsäulen durch Ladesäulen zu rechnen ist.“ Und wann wohl der erste HEM-Ladepark abseits von bestehenden Tankstellen eröffnet werden könnte? „Wir suchen geeignete Grundstücke und arbeiten an Standardplanungen für Ladeparks auf Nicht-Tankstellen-Grundstücken. Dazu zählt auch Entwicklung von weiteren Servicepools, die der Ladekunde neben einem Ladepark erwartet. Wir wünschen uns, den ersten Ladepark unter der Berücksichtigung bereits beschriebener Lieferengpässe innerhalb der nächsten zwölf bis 18 Monate zu eröffnen.”

www.smatrics.com/de-AT
www.hem-tankstelle.de

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