Deloitte – E-Mobilität: Aufholbedarf bei Angebot, Nachfrage und Rahmenbedingungen

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Der Markt für Elektromobilität ist in Europa laut „Deloitte“ deutlich weniger entwickelt als in China. Vor allem die Rahmenbedingungen und das Angebot an elektrischen Fahrzeugen sind in China besser als in den absatzstärksten EU-Märkten Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien, wie der von „Deloitte“ entwickelte EV-Index zeigt. Die Nachfrage nach elektrischen Fahrzeugen ist in China ebenfalls größer als in Europa, wenn auch auf niedrigerem Niveau.

Entscheidend ist dabei, dass E-Autos hierzulande deutlich teurer sind als Verbrenner und das Angebot über alle Segmente viel geringer ausfällt. Ein Elektroauto ist in Deutschland durchschnittlich 10.200 Euro teurer als ein vergleichbarer Verbrenner. Bei den Kleinwagen (B-Segment) kostet ein Stromer im Durchschnitt 37.000, während der Preis für einen Verbrenner bei 25.000 Euro liegt. In der Kompaktklasse (C-Segment), die mit 36 Prozent den größten Marktanteil hat, liegt der Preis für ein E-Auto bei 50.000 Euro, für ein Auto mit Ottomotor dagegen bei 36.000 Euro.

In diesem Segment geht zudem die Schere bei der Modellanzahl am weitesten auseinander: Auf dem deutschen Markt sind aktuell 19 Modelle mit Verbrennungsmotor verfügbar – bei den E-Autos sind es dagegen nur sechs. Auch in den anderen Segmenten sind die Unterscheide groß: Bei den Kleinwagen stehen sechs Stromer 15 Verbrennern gegenüber, in der Mittelklasse (D-Segment) sind es fünf gegenüber 12 Modellen.

„Die Preisdifferenzen zwischen elektrifizierten und fossil angetriebenen Fahrzeugen haben große Auswirkungen insbesondere auf die preissensiblen Käufer von Kleinst- und Kompaktwagen. Solange wir große Unterschiede bei den Preisen und dem Angebot haben, werden E-Autos in Deutschland nicht in der Breite ankommen“, warnt Dr. Harald Proff, globaler Leiter des Automobilsektors bei Deloitte.

Rahmenbedingungen in Deutschland noch ausbaufähig

Die Ladekosten für ein Batterieauto betragen nur zwei Drittel der Treibstoffkosten eines Benzinautos. Allerdings sind sie in Deutschland deutlich höher als in anderen europäischen Länden wie etwa Italien oder Spanien. So zahlt man hierzulande beim Laden daheim durchschnittlich 67 Euro, um eine Strecke von 1.000 Kilometern zurückzulegen. In Italien würden Autofahrer:innen für dieselbe Strecke rund 51 Euro zahlen, in Spanien sogar nur rund 40 Euro. Der Grund dafür sind die höheren Stromkosten in Deutschland. An der öffentlichen Ladesäule sind die Preise in der Regel höher.

Hinzu kommen hierzulande Unsicherheiten bezüglich des Restwertes von Elektroautos. Wie der EV-Index zeigt, haben BEVs einen um 60 Prozent höheren Wertverlust als Verbrenner. Nach 10.000 Kilometern liegt die Wertminderung bei Elektroautos bei 6,8 Prozent, bei Verbrennern sind es derzeit für dieselbe Laufleistung 4,2 Prozent. Autoexperte Dr. Harald Proff erklärt: „Zwar sind die Betriebskosten für Stromer niedriger, jedoch wird das von den Verbrauchern nicht als Ausgleich für die hohen Anschaffungskosten wahrgenommen. Die hohe Wertminderung auf dem Gebrauchtwagenmarkt verschärft das Problem, ebenso wie die Sorge um eine ungenügende Ladeinfrastruktur.“

Fehlende Lademöglichkeiten daheim

Aktuell stehen für 10.000 Einwohner in Deutschland 18 öffentlich Ladepunkte zur Verfügung. Im Wachstumsmarkt China, wo jedoch 1,4 Milliarden Einwohner versorgt werden müssen, liegt der Wert bei 23 – das sind pro Kopf 28 Prozent mehr. Wieviel öffentliche Ladepunkte zur Verfügung gestellt werden müssen, hängt neben der Ladegeschwindigkeit auch davon ab, wie viele Lademöglichkeiten es in Privathäusern gibt. Fakt ist: 71 Prozent der deutschen Konsument:innen möchten laut einer repräsentativen Befragung von Deloitte zuhause laden. Jedoch gibt über die Hälfte (56%) davon an, dass sie dort keinen Zugang zu einer Ladestation haben.

Ein weiterer kritischer Punkt, der die Nachfrage bremst, sind die Erwartungen an die Reichweite. 49 Prozent der Befragten erwarten mit einer vollgeladenen Batterie 500 Kilometer oder mehr fahren zu können. Aktuell liegt die durchschnittliche Reichweite eines E-Autos bei 445 Kilometern.

„Unser EV-Index zeigt auf allen Ebenen – von Nachfrage über Rahmenbedingungen bis hin zum Angebot – noch deutlichen Entwicklungsbedarf. Es gilt, in Deutschland eine bessere Infrastruktur zu schaffen – insbesondere auch in Wohnhäusern. Zudem braucht es ein besseres Angebot, um die Menschen zu überzeugen und mehr Stromer auf die Straße zu bringen“, so Proff.

Über den EV-Index

Der EV-Index gibt Aufschluss darüber, wie entwickelt ein nationaler Markt im Bereich Elektromobilität ist. Basis sind verschiedene Kennzahlen hinsichtlich der heimischen Nachfrage, den Rahmenbedingungen und des Angebots. So lassen sich Länder in Bezug auf ihren Reifegrad bei der Elektromobilität vergleichen und Faktoren identifizieren, die für einen schnelleren Hochlauf relevant sind. Die Aussagen über Verbraucherpräferenzen basieren auf der im Januar veröffentlichten Global Automotive Consumer Study.

www.deloitte.com/de

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