Consors Finanz – Studie zur E-Mobilität

Hindernisse beim E-Auto Kauf.
Grafik: Consors Finanz

Norwegen ist das Vorzeigeland, Italien und Spanien gehen die Zukunft optimistisch an, Franzosen hadern mit dem Kaufpreis und die Deutschen zeigen Technologieskepsis. Das Automobilbarometer 2024 „Motorists are in a fog“ von Consors Finanz zeigt, dass sich die Autofahrer innerhalb der EU dem Elektroauto unterschiedlich annähern. Bernd Brauer, Head of Mobility bei Consors Finanz, ordnet die aktuelle Entwicklung auf dem europäischen Markt ein – und zeigt sich selbst optimistisch. „Wir Deutschen lassen uns leider oft erst dann rundum begeistern, wenn eine Sache perfekt ist. Trotz aller Hürden, die immer mit technologischen Umbrüchen verbunden sind, sind wir aber insgesamt in Europa und insbesondere in Deutschland auf einem sehr guten Weg.“

Das Mindset hat sich für Elektromobilität geöffnet

Das Straßenbild ist in Europa noch sehr unterschiedlich. Während 2023 in Norwegen bereits 82,4 Prozent aller Neuzulassungen Elektroautos waren, liegen die Stromer in Deutschland und Frankreich noch unter 20 Prozent. In Deutschland ist der Anteil aufgrund der Ende 2023 abrupt weggefallenen E-Auto-Förderung zudem deutlich zurückgegangen. Zugleich spielen über die gesamte EU hinweg viele Verbraucher mit dem Gedanken, ein Elektroauto oder einen Hybrid zu erwerben. Die in Italien und Spanien Befragten liegen bei ihren Absichtserklärungen mit 94 und 79 Prozent sogar vor Norwegen (74 Prozent). Aber auch in Deutschland (64 Prozent) und Frankreich (66 Prozent) ist die Mehrheit am Kauf eines batteriebetriebenen Wagens (Hybrid oder BEV) interessiert. Damit sei der Durchbruch im Grunde geschafft, sagt Brauer. „Das Mindset ist EU-weit offen für Elektromobilität.“ Die Lücke zwischen Absicht und tatsächlicher Verbreitung in den einzelnen Ländern hänge von verschiedenen Aspekten ab. „Die skandinavischen Länder gelten als Pilotmärkte für viele Industrien. Daher sind Norwegen und Schweden oft einen Schritt voraus.“ Aus Sicht des Mobility-Experten wird die Verbreitung insbesondere in Südeuropa durch die noch stark ausbaufähige E-Infrastruktur abgebremst.

Die Preise werden sinken

Den Kaufpreis für Elektroautos hält immer noch die Hälfte der Europäer laut der Consors Finanz Studie für zu hoch. Bernd Brauer glaubt, dass sich in diesem Punkt kurz- bis mittelfristig am meisten verändern wird: „2024 und 2025 werden Jahre der Preisbereinigung werden, insbesondere im Massenmarkt.“ Asiatische – vor allem chinesische – Produzenten haben den Wettbewerb deutlich erhöht. Zunehmend bringen sie günstige E-Kleinwagen auf den europäischen Markt. Mit den nun von der EU beschlossenen vorläufigen Strafzöllen für Elektroautos aus China könnte sich der Handlungsdruck für europäische Hersteller etwas verringern. „Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die hiesigen Autobauer generell an ihren Preisstrukturen arbeiten müssen, um die Nachfrage zu bedienen“, so Brauer. Er geht davon aus, dass die E-Autos der nächsten Generation bereits deutlich günstiger sein werden.

Infrastruktur ist in Deutschland besser als ihr Ruf

Ein anderes Thema ist die Ladeinfrastruktur. „Soll sich die Elektromobilität nachhaltig durchsetzen, müssen sowohl das Netz an Ladesäulen als auch die Reichweite der E-Autos kontinuierlich ausgebaut werden“, sagt Brauer. Die Sorge um eine ausreichende Stromversorgung hält sich in Europa recht hartnäckig. 35 Prozent der Befragten in Europa wollen deshalb noch kein Elektroauto erwerben. Der Mobility-Experte ist jedoch davon überzeugt, dass insbesondere Deutschland viel besser ist, als viele das hierzulande denken. Nach aktuellen Zahlen der Bundesnetzagentur ist die Zahl der Ladepunkte Anfang des Jahres im Vorjahresvergleich um insgesamt 40 Prozent gestiegen. Etwa acht reine Elektroautos teilen sich damit einen öffentlichen Ladepunkt. Brauer: „In Ballungsgebieten und entlang der Autobahnen kommt man mit aktuellen E-Automodellen inzwischen sehr komfortabel von A nach B. Nur im ländlichen Raum gibt es noch Ausbaubedarf.“

Aus aktuellen Umweltproblemen entstehen neue Chancen

Besonders skeptisch zeigen sich die Deutschen im europäischen Vergleich bei der Frage, ob das E-Auto die ökologische Zukunft der Mobilität sein kann. 37 Prozent der Deutschen sehen sogar vom Kauf ab, weil sie in dem E-Auto selbst Umweltprobleme sehen. Brauer erläutert, dass de facto sowohl die Batterieproduktion als auch die Entsorgung der Batterien aus ökologischer Sicht noch nicht zur Zufriedenheit gelöst sind. Auf der anderen Seite wird aber bereits mit Hochdruck an Lösungen gearbeitet. „Damit entstehen aus diesen Problemstellungen heraus spannende neue Chancen für die deutsche Ingenieurskunst – und damit neue Industrien.“

Das E-Auto kann eine Erfolgsstory werden

„Wir befinden uns in Sachen Elektromobilität noch mitten in einem Prozess, der aber sowohl für Verbraucher als auch für die deutschen Autobauer in eine gute Richtung geht“, resümiert Brauer. Er gibt zu bedenken, dass durch das Angebot aus China die hiesige und die europäische Autoindustrie wachgerüttelt wurde. Das bringe sie jetzt in die erforderliche Geschwindigkeit. Die Effizienzsteigerungen, die E-Autos allein in den vergangenen fünf Jahren erreicht haben, bezeichnet Brauer als beachtlich. Dass die staatliche Förderung in Deutschland abrupt abgeschafft wurde, habe den Durchbruch der Technologie etwas ausgebremst. „Ich vertraue aber den ganz normalen Regeln des Markts.“ Brauers Prognose: „Die Preise werden sich nun in den Jahren der Bereinigung Schritt für Schritt den Preisen für Verbrenner anpassen.“ Zu dem Zeitpunkt könnten die europäischen Autos die Stärken, die Verbraucher laut Automobilbarometer mit ihnen verbinden, wieder gezielt ausspielen: Vertrauen, Sicherheit und Verlässlichkeit.

www.consorsfinanz.de

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