Dieser Beitrag zum Thema Ladenbau ist erschienen im exklusiven CLUB-Teil für Abonnenten “tankstelle” 06/2023. Der Autor ist Volker Walz, Geschäftsführer der “s-iQ Objekt GmbH”.
Lage, Lage, Lage: Die Frage des Standortes ist für einen Tankstellenshop von entscheidender Bedeutung – vor allem bei künftig erwartbar geringeren Betankungen. Aber auch: Welche Dienstleistungen, gastronomische Angebote und Produkte soll der Shop anbieten? Mit wem lässt sich bei den erwartbaren Kosten für den Betrieb des Shops der notwendige Umsatz und Ertrag erwirtschaften. Wer sind die potenziellen Kunden? Wie groß ist das Einzugsgebiet? Wie viele potenzielle Kunden leben und arbeiten dort? Wie sind die Mitbewerber aufgestellt?
Vor allem bei neuen Standorten sind Expertise und Geduld gefragt. Kaufkraft, demografische Daten (Alter, Struktur der Bevölkerung), Saldo der Ein- und Auspendler, Verkehrsinfrastruktur, die Zentralitätskennziffer sind wesentliche Kennzahlen, die sich bei den Gemeinden vor Ort, der zuständigen IHK oder externen Dienstleistern beschaffen lassen. Dienstleister bieten Standortanalysen an, die sich neben demographischen und sozioökonomischen Attributen wie Alter, Bildungsabschlüsse und das Haushaltsnetto-Einkommen ebenso betrachten wie Fahrzeiten und Fahrtrouten zu Mitbewerbern und das Verkehrssaufkommen.
Gespräche mit dem örtlichen Wirtschaftsbeauftragten, dem Gewerbe- und Handelsverein und Testkäufen zu den gängigen Einkaufszeiten bei potenziellen Mitbewerbern und im Umfeld des Standortes sind zu empfehlen, um Stärken, Schwächen und die Kundenbedürfnisse zu ermitteln.
Bei bestehenden Standorten können neben den gängigen Geomarketing-Daten mit den Bewegungsmustern von Smartphones die Pendlerströme und das Tank- und Einkaufsverhalten erfasst und auswertet werden.
Bei der Standortwahl für Tankstellenshops sind entscheidend die Außenwahrnehmung, mögliche Gestaltungsmöglichkeiten an der Fassade, Außenbeleuchtung oder gar Pylonen, die Option für Außengastronomie, die Anlieferung, die Anfahrbarkeit für Kunden und die Parkplatzsituation. Bei Bestandsimmobilien sind neben der reinen Shopfläche auch Größe und Zuschnitt der Nebenräume und der Toilettenanlage wichtig.
Drei Umsatz-Zonen
Bei urbanen Standorten mit Nachversorgerfunktion wird das Einzugsgebiet in drei Zonen betrachtet. Die Experten gehen nach den Grundsätzen der Handelsforschung davon aus, dass in der inneren Zone mit einer Fahrzeit von bis zu vier Minuten bis zu 70 Prozent des Umsatzes zu erzielen sind. Mit Kunden aus der zweiten Zone mit vier bis sieben Minuten Anfahrzeit noch 20 Prozent und von Kunden der dritten Zone nur noch zehn Prozent.
Die Standortanalyse ist mit der Kundenanalyse eng verknüpft. Bei einem neuen Standort und auch bei einem Umbau stellen sich immer diese Fragen: Wer sind meine Kunden und welche Kunden möchte ich neu gewinnen? Warum sind diese meine Kunden oder warum sollen diese meine Kunden werden? Ein verkehrsgünstiger Standort mit Parkplätzen spricht neben den Donnerstags- bis Samstagseinkäufern zusätzlich von Montag bis Freitag Handwerker und Mitarbeiter im Außendienst für eine Frühstückspause oder den Mittagstisch an. Mittlerweile aber auch berufstätige Eltern mit Kindern, die ein schnelles, aber dennoch hochwertiges Angebot zum Mittag- oder Abendessen benötigen. Durch den Trend zum Home-Office, auch nach Corona, ist das Pausen- und Mittagsgeschäft im Umfeld von Behörden und Bürogebäuden rückläufig. Dafür hat es sich im Umfeld von Schulen und Studieneinrichtungen wieder erholt.
Sortimente an Kunden anpassen
Bei einem bestehenden Standort lohnt sich ein Blick auf die Kunden, um das gastronomische Angebot, den Shop und das Sortiment zu gestalten. Im Umfeld von Schulen und an Standorten, die gut für Handwerker zu erreichen sind, sind belegte Brötchen, Pizza und die Snack-Klassiker Bockwurst, Currywurst, Hamburger, Pommes mit Schnitzel zu empfehlen – und wer`s einrichten kann auch Döner. Bei Standorten mit umgebenden Arbeitsplätzen in Büros sind hochwertige Backsnacks und fertige Salate eine Alternative. Im Umfeld von Wohngebäuden sprechen Singles, kaufkräftige Paare ohne Kinder, gut situierte Silver-Ager und alleinstehende ältere Menschen hochwertige Teil- oder Voll-Convenienceprodukte, Suppen, Süßgebäck und Kuchen an. Bei Standorten ohne Nahversorger in Umfeld empfiehlt sich das Angebot von Produkten für den täglichen Bedarf: Aufstriche, Eier, Kartoffeln, Nudeln, Öl, Essig, Gemüse – und auch Molkereiprodukte.