5 Fragen an… Federico N. Fernández, Geschäftsführer, „We are Innovation“

Federico N. Fernández, Geschäftsführer, „We are Innovation“
Foto: We are Innovation

Der CEO eines globalen Netzwerks von 50 Think-Tanks, NGOs und Stiftungen hat sich als Buchautor und Verfasser von vielen wissenschaftlichen Artikeln in renommieren Publikationen einen Namen gemacht. Auch zum Thema „rauchfreies“ Land. Mit Federico N. Fernández sprach die „tankstelle“ für die November-Ausgabe 2025.

Herr Fernández, in Ihren Ausführungen nennen Sie konkrete Jahreszahlen für ein rauchfreies Deutschland. Sie sagen, Deutschland stehe vor der Wahl, ob es 2061 rauchfrei werden könne oder erst 2143. Wie kommen Sie auf diese Jahreszahlen?

Durch eine Analyse der Plattform „Path to Smoke-Free“. Sie zeigt drei dramatisch unterschiedliche Zukunftsperspektiven auf. Mit der gegenwärtigen Politik, die sich in erster Linie auf traditionelle Maßnahmen wie Besteuerung, Rauchverbote und Aufklärung stützt, wird Deutschland den Status „rauchfrei” nicht vor 2143 erreichen. Mit diesem Schneckentempo muss man sich nicht abfinden. Durch Übernahme bewährter Maßnahmen fortschrittlicher Länder wie Großbritannien, Neuseeland oder Japan würde sich der sich der Zeitrahmen auf 2072 verkürzen. Folgt man dem evidenzbasierten Ansatz von Schweden, könnte Deutschland schon bis 2061 rauchfrei werden. Das wären acht Jahrzehnte weniger als im derzeitigen Szenario.

Das schwedische Modell

Was würde das bedeuten?

Das Rauchen ist jährlich für über 100.000 Todesfälle durch Krankheiten verantwortlich, die vermeidbar sind. Wenn Deutschland eine innovative Entscheidung treffen würde und 2061 „rauchfrei“ wäre, könnte man mehr als acht Millionen Menschen das Leben retten. Dass schnelle Fortschritte möglich sind, zeigt Schweden. Seit 2004 ist die Rauchquote dort von 16,5 auf 5,3 Prozent gesunken. Außerdem verzeichnet Schweden im Vergleich zum EU-Durchschnitt 36 Prozent weniger Todesfälle durch Lungenkrebs. Das ist ein messbarer Erfolg für die öffentliche Gesundheit.

Was macht Schweden anders und nach Ihrer Meinung besser?

Schwedens Erfolgsgeheimnis ist nicht das Verbot, sondern das Angebot. Anstatt die Auswahl einzuschränken, wurde sie erweitert. Durch innovative Nikotinprodukte wie Snus, Nikotinbeutel, Vapes und Tabakerhitzer, die weiterhin zugänglich, akzeptabel und erschwinglich sind. Dieser umfassende Ansatz folgt einer grundlegenden Wahrheit: Die meisten Raucher wollen ihr Laster sein lassen, brauchen aber bessere Optionen. Weniger Auswahlmöglichkeiten führen dagegen zu nichts.

Sehen Sie das schwedische Modell der Tabak- und Nikotinpolitik als realistisch auf Deutschland übertragbar oder gibt es beispielsweise kulturelle Hindernisse, die eine direkte Umsetzung erschweren würden?

Besonders relevant für Deutschland ist, dass der schwedische Ansatz kulturelle Grenzen überschreitet. Bei EU-Migranten, die in ihren Heimatländern geraucht haben, sank die Rauchquote von 24 auf 7,8 Prozent, nachdem sie sich in Schweden niedergelassen hatten. Das deutet darauf hin, dass dieses Modell auch in anderen Ländern Europas funktioniert.

Was läuft in Deutschland Ihrer Ansicht nach falsch?

Deutschland verfügt über solide traditionelle Maßnahmen, aber es fehlt das entscheidende Puzzleteil: die Einführung von innovativen Nikotinprodukten, damit Raucher von der Zigarette wegkommen. Eine echte Wahl zwischen der tödlichen Verbrennung und sichereren Alternativen macht Rauchen überflüssig.

Text: Gerhard Hörner

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