tankstelle Technik – Ladendiebstahl vorbeugen: moderne Sicherheitstechnik

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Kurzer Prozess für lange Finger: Um Ladendiebstahl wirksam zu begegnen, sollten Betreiber klassische Maßnahmen durch vernetzte Systeme, KI und Cloudlösungen ergänzen. Moderne Technik könnte zudem Abläufe optimieren und Personal entlasten.

Nach jahrelangem Rückgang ist die Zahl gemeldeter Ladendiebstähle deutlich gestiegen: 2022 registrierte die Polizeiliche Kriminalstatistik 344.669 Fälle – ein Plus von 34,3 Prozent. Für 2023 beziffert das „EHI Retail Instituts“ den durch Kundschaft verursachten Schaden auf rund 2,82 Milliarden Euro. Die Dunkelziffer bleibt hoch: Schätzungen zufolge bleiben jährlich etwa 24,5 Millionen Diebstähle im Wert von durchschnittlich 120 Euro unentdeckt. (Schätzung des EHI Retail Institut) Um gegenzusteuern, investiert der Einzelhandel jährlich rund 3,1 Milliarden Euro in Sicherheitsmaßnahmen. Eine EHI-Umfrage unter 85 Handelsunternehmen zeigt, dass klassische Methoden weiterhin dominieren. Am häufigsten genannt wurden Personalschulungen (91 Prozent), gefolgt von der Auswertung von Warenwirtschaftsdaten (86 Prozent) und offener Kameraüberwachung (82 Prozent) sowie diebstahlhemmende Verkaufsträger (56 Prozent) und Artikelsicherungen (46 Prozent). Tankstellen gelten als besonders sicherheitsanfällig – vor allem wegen ihrer Randlage, geringer Personalbesetzung in den Nachtstunden und hoher Bargeldumsätze. Das Bedrohungsspektrum reicht von Einbruch und Tankbetrug bis zu Überfällen und Sabotage. Entsprechend vielfältig sind die erforderlichen Schutzmaßnahmen.

Übersicht statt Nachsicht

Laut Samuel Rahn, Sales Director DACH bei „Mobotix“, wirken sichtbar installierte, intelligente Kameras nachweislich abschreckend. Nach der Installation werde häufig von sinkenden Vorfallzahlen berichtet. „Die Sicherheitsausstattung ist vielerorts technisch veraltet – insbesondere bei kleineren Tankstellen und SB-Standorten“, so Rahn. Entscheidend sei die passende Kameraauswahl: „Im Tankstellenkontext braucht es mindestens Full-HD, gute Low-Light-Eigenschaften, ein robustes Gehäuse ab IP66 und flexible Blickwinkel.“ Raphael Marshall von „Telenot“ betont: „Wichtig ist nicht nur die Technik, sondern ihre nahtlose Integration in bestehende Systeme.“ Auch Bewegungsmelder mit integrierter Täteransprache gewinnen an Bedeutung – sie reagieren bei unbefugtem Zutritt und lösen akustische Warnungen aus. Laut Rahn sind Kameras modular aufgebaut und lassen sich standortgerecht anpassen. Datenschutz sei dabei zentral: Verschlüsselung, klare Zugriffsrechte und Datenhoheit – lokal wie in der Cloud – gelten als Grundvoraussetzung. Letztere ermöglicht zudem ortsunabhängigen Zugriff. Betreiber sollten auf manipulationssichere Technik und rollenbasierte Kontrollen setzen – idealerweise mit erfahrenen Partnern. Skalierbare Systeme mit offenen Schnittstellen gelten als zukunftssicher. Zertifizierte Anlagen können außerdem Versicherungsprämien senken, da viele Anbieter präventive Technik als risikomindernd einstufen.

Sicherheit mit System

Für wirksamen Schutz und die Anerkennung durch Versicherungen empfehlen Hersteller zertifizierte Sicherheitstechnik mit VdS-Gütesiegel – bei Tankstellen ist dabei insbesondere die Einhaltung der VdS-Klasse C-SG3 entscheidend. Raphael Marschall nennt als Beispiel die Gefahrenmelderzentrale „hiplex 8400H“ mit manipulationsgeschützten Komponenten wie Bewegungsmeldern, Magnetkontakten und Außensignalgebern. Kombiniert mit Videoüberwachung und Zutrittskontrolle könne sie auch im Tankstellenbetrieb einen wirksamen Schutz bieten. Raphael Marschall ergänzt: „Die Sicherheitsausstattung an Tankstellen wird zunehmend professioneller und vernetzter. Intelligente Alarmsysteme, vernetzte Zutrittskontrollen und die Kombination aus Funk- und Kabeltechnologien ermöglichen flexiblere Lösungen.“ Cloud-Anwendungen und mobile Services gelten dabei als Schlüssel für eine skalierbare und anpassbare Überwachung. Die Umsetzung dauere meist nur wenige Tage und rechne sich oft zeitnah durch reduzierte Inventurdifferenzen. Schwachstellen lassen sich laut Marschall durch normgerechte Risikoanalysen und standardisierte Sicherheitskonzepte beheben – idealerweise begleitet von zertifizierten Fachpartnern, die Planung, Umsetzung und Wartung aus einer Hand betreuen.

Überwachung mit Mehrwert

Einen besonderen Vorteil KI-gestützter Systeme sieht Samuel Rahn im Tankstellenumfeld: den Echtzeit-Alarm bei Kraftstoffdiebstahl an der Zapfsäule. Auffällige Fahrzeuge lassen sich per Kennzeichenerkennung identifizieren und über zentrales Blacklisting blockieren.

Samuel Rahn, Sales Director DACH, „Mobotix AG“
Foto: Mobotix AG

Zudem erkennt KI-basierte Videoanalyse verdächtiges Verhalten wie langes Verweilen, Falschparken oder das Betreten gesperrter Bereiche. „Der Vorteil liegt im Erkennen, Bewerten und der automatisierten Reaktionen“, so Rahn. Die Genauigkeit der Systeme sei laut Rahn mittlerweile verlässlich genug: „Die Erkennungsraten sind je nach Anwendung sehr hoch, und smarte Filter reduzieren Fehlalarme deutlich“, verspricht Rahn. „Durch gezielte Kalibrierung und lernende Algorithmen kann die ‚False-Positive-Rate‘ niedrig gehalten werden.“ Diese beschreibt die fehlerhaft angezeigten Diebstahlversuche, welche bei wiederholtem Aufkommen die Sensibilität für echte Verbrechen senken könnte. Laut Rahn könnten Betreiber Regeln individuell anpassen, beispielsweise je nach Standorttyp oder Tageszeit. Im Shop werden Gestik, Bewegung und Transaktionen der Kunden automatisiert analysiert. So könnten KI-basierte Kamerasysteme zudem zur Shopoptimierung beitragen. Heatmaps und Verweilzeitanalysen können helfen, stark frequentierte Bereiche zu identifizieren, Laufwege zu verbessern und Produkte gezielter zu platzieren. Die Auswertung erfolgt anonymisiert. 

Sichern, schulen, schützen

Wer kein Komplettsystem installieren möchte, kann auf klassische Warensicherung setzen – etwa mit den Smart Anti-Theft Tags des Münchner Unternehmens „Rapitag“. Die wiederaufladbaren, manipulationssicheren Etiketten lassen sich automatisch beim Scan oder Kauf öffnen und protokollieren sicherheitsrelevante Ereignisse – auch im Self-Checkout. Damit können auch von Personalmangel betroffene Standorte profitieren. Laut Hersteller lassen sich so Diebstähle um bis zu 78 Prozent und der Personalaufwand um rund 40 Prozent senken. Besonders an unbemannten Standorten raten Hersteller wie „Mobotix“ und „Telenot“ jedoch zu redundanten Überwachungs- und Notfallmechanismen. Mobile Systeme mit Cloudanbindung oder Anbindung an eine 24/7-Leitstelle ermöglichen schnelle Reaktionen – auch ohne Personal vor Ort. Zusätzlich zu technischen Neuerungen bleiben jedoch Mitarbeiterschulungen, Verhaltenstrainings und eine durchdachte Shopgestaltung unverzichtbar – auch um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Übergriffen und psychischer Belastung durch Raubüberfälle zu schützen. Dabei sind Mitarbeiterschulungen nicht nur wichtig zur Diebstahlprävention, sondern auch relevant zur Reduzierung von Inventurdifferenzen insgesamt. Laut EHI-Studie 2024 entfallen lediglich 49 Prozent (2,95 Mrd. Euro) der Verluste im Einzelhandel auf Kunden. Der übrige Anteil verteilt sich auf 15 Prozent (890 Mio.  Euro) Verluste durch Personal, 6 Prozent (360 Mio.  Euro) durch Lieferanten und externe Servicekräfte sowie 12 Prozent (750 Mio.  Euro) auf organisatorische Mängel.

Checkliste für den richtigen Einsatz mit Sicherheitstechnik  
Welche Risiken bestehen am Standort?
Wo liegen Schwachstellen innen und außen?
Welche Systeme sichern auch ohne ständige Präsenz?
Welche Schutzziele und Risiken sind definiert?
Häufige Fehler im Umgang mit Sicherheitstechnik  
Kameras zu hoch montiert, falscher Winkel, schlechte Ausleuchtung oder tote Winkel
Zu wenige oder zu viele Kameras, falsche Positionierung
Fehlende oder unzureichende Planung und Bedarfsanalyse
Veraltete oder nicht zertifizierte Technik
Fehlende Integration der Systeme
Mangelnde Schulung des Personals
Keine regelmäßige Überprüfung oder fachgerechte Wartung
Unterschätzung der Cyber-Sicherheit (zum Beispiel NIS2-, KRITIS-Anforderungen)
Checkliste für Standort-Check  
Freie Sichtlinien zur Kasse und zu Eingängen/Ausgängen
Ausreichende Beleuchtung innen und außen, besonders nachts
Tote Winkel identifizieren und mit Kameras oder Spiegeln abdecken
Kassenbereich und SB-Zonen im Kamerabereich
Lager- und Nebenräume gesichert und nur für autorisiertes Personal zugänglich
Außenbereich überwacht, inklusive Zapfsäulen, Parkplätze und Zufahrten
Funktionsprüfung aller Kameras und Alarmsysteme in festen Intervallen
Produkte:
AXIS P3265-LVE-3 License Plate Verifier Kit
Die Kamera verfügt über eine vorinstallierte Analysesoftware zur automatischen Kennzeichenerkennung. Die Auswertung erfolgt direkt auf der Kamera, ohne externen Server. Sie ist für den Einsatz an Ein- und Ausfahrten vorgesehen.
Foto: Axis Communications
MOBOTIX MOVE ALPR Bullet-Kamera
Kamera für Autohöfe, Rasthöfe und Parkflächen: automatische Erkennung von Kennzeichen, Marke, Modell und Farbe in Echtzeit. Mit integrierter Software für Zufahrtskontrolle, Parkraummanagement und lückenlose Dokumentation von Fahrzeugbewegungen bis 200 km/h.
Foto: Mobotix
TELENOT hiplex 8400H Gefahrenmelderzentrale
Modulare Einbruch- und Gefahrenmeldetechnik nach VdS-Klasse C – skalierbar für komplexe Standorte. Zentrale Steuerung für Bewegungsmelder, Zutritt, Brand- und Außensicherung – ideal für Tankstellen mit hohen Sicherheitsanforderungen.
Foto: Telenot

Text: Willy Laux

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