
Foto: Dietmar Gust / VBColl
Norman Wendt ist Spezialist für erneuerbare Kraftstoffe und Mobilität. Er berät Firmen und Verbände zu den regulatorischen Rahmenbedingungen auf deutscher und europäischer Ebene als Senior Berater bei der „von Beust & Coll. Beratungsgesellschaft mbH & Co. KG“. Mit Norman Wendt sprach die „tankstelle“ für ihre Juli-Ausgabe 2025.
Damit E-Fuels und grüner Wasserstoff marktfähig werden, braucht es wettbewerbsfähige Preise und deshalb einen schnellen Hochlauf. Beim grünen Wasserstoff hat eine aktuelle des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) aber ergeben, dass im Jahr 2023 weniger als zehn Prozent der mehr als 1.200 ursprünglich angekündigten Projekte realisiert worden sind. Warum kommt der Hochlauf alternativer Treibstoffe wie E-Fuels und grünem Wasserstoff nicht voran?
Es fehlen tragfähige Investments. Und es fehlen Anreize, Geld für erneuerbare Treibstoffe in die Hand zu nehmen. Kurzum: Kapital fließt aus Europa ab. Den Investoren fehlt es vor allem an Verlässlichkeit, weil die regulatorischen Rahmenbedingungen zu oft verändert werden. Die Politik hat nicht verstanden, dass selbst kleinste regulatorische Änderungen negative Auswirkungen auf den Business Case haben können. Das hemmt Investitionen.
Aber ohne Regulatorik ließe sich das Ziel Klimaneutralität nicht erreichen …
Das stimmt. Es geht nicht darum, den Wert und Sinn von Regulatorik in Frage zu stellen. Doch die Rahmenbedingungen müssen sektorenübergreifend harmonisiert und mit nationaler Regulatorik verzahnt werden. Hier braucht es Einklang und Akteure, die an einem Strang ziehen. Ein gutes Beispiel ist die widersprüchliche Förderung von E-Fuels: E-Fuels können in der Luft- und Schifffahrt Märkte finden. Auf europäischer Ebene sind verpflichtende Quoten vorgeschrieben. Der Straßenverkehr wird ausgeklammert. Im Rahmen der CO₂-Flottengrenzwerten für Pkw und Lkw oder im CO2-Emissionskostenanteil der Maut ist der Einsatz von E-Fuels jedoch nicht anrechenbar.
Klare Rahmenbedingungen
Was benötigt die Industrie und wie ließe sich Regulatorik vereinfachen?
Industrieunternehmen benötigen Planbarkeit und klare Rahmenbedingungen. Nur so können sie global wettbewerbsfähig sein. Das heißt, eine zugänglichere Regulatorik und weniger Bürokratie ist dringend geboten. In unseren Märkten gilt: Quoten alleine sind keine Hebel für Investments. Insbesondere um Investitionen anzureizen, sollte es steuerliche Anreize für den Aufbau industrieller Großanlagen geben. Auch Grünstrom muss schnell billiger werden.
Was wäre nötig, damit in Europa wieder investiert wird?
Der Markt braucht positive Signale. Wer Kapital in großem Stil investiert, braucht einen belastbaren Business Case und der muss sich langfristig rechnen. Das heißt, eine Großanlage muss schon zehn bis fünfzehn Jahre laufen, um profitabel zu sein.
Was bedeutet das konkret für die Praxis?
Erstens: Wir brauchen Verlässlichkeit, für Unternehmen, Investitionen und Regulatorik. Zweitens: wir brauchen einen real wirksamen klimapositiven Zielpfad für die CO2-Einsparung. Drittens: konkrete und pragmatische Entscheidungen für steuerliche Anreize in diese Technologien. Hierzu zählt beispielsweise eine Reform der europäischen Energiesteuerrichtlinie, die erneuerbare Kraftstoffe entsprechend ihrer Umweltverträglichkeit und nicht nur auf Grundlage ihres Energiegehalts besteuert.
Text: Dr. Georg Haiber