
Bezüglich Schäden in Fahrzeugwaschanlagen gab es in der jüngsten Vergangenheit einen spannenden Fall, dessen Urteil von vielen Waschanlagenbetreibern erwartet wurde. Der „BTG – Bundesverband Tankstellen und Gewerbliche Autowäsche Deutschland e.V.“ hat zum neuen BGH-Urteil nun eine Chefinformation veröffentlicht, welche unser Fachmagazin „tankstelle“ hier zur Verfügung stellt:
„Erst am 21. November 2024 hatte sich der BGH mit der Haftung bei Schäden in Fahrzeugwaschanlagen befasst. Jetzt folgt ein neues Urteil vom 22. Mai 2025 (IIV ZR 157/24). Vorausgegangen waren zwei Urteile vom Amtsgericht und Landgericht Bonn. Bei der Nutzung einer Waschstraße wurde der Tankdeckel eines BMW X3 abgerissen. Das Amtsgericht hat den Waschstraßenbetreiber verurteilt, das Landgericht hat die Klage des Autofahrers abgewiesen, der BGH ebenfalls. Der BGH stimmt mit dem Landgericht dahingehend überein, dass der Betreiber einer Waschanlage die allgemein anerkannten Regeln der Technik einhalten und Verkehrssicherungspflichten beachten sowie in geeigneter Weise über zu beachtende Verhaltensregeln informieren müsse. „Für Fahrzeugschäden während des Waschvorgangs haftet der Betreiber einer Waschanlage im Grundsatz nur bei Vorliegen einer von ihm zu vertretenden Pflichtverletzung“ – dieser Satz stammt bereits aus dem BGH-Urteil vom 21.11.2024 und wird vom BGH noch einmal bekräftigt. Der BGH führt auch nochmals aus, „die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Anlagenbetreiber für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann“. Auch dieser Satz stammt bereits aus dem BGH-Urteil von 21.11.2024. Ausreichend sind also Maßnahmen, die ein gewissenhafter Angehöriger der Verkehrskreise (Waschanlagenbetreiber) für ausreichend halten darf, um die Kunden vor Schäden zu bewahren und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind. „Die Zumutbarkeit von Sicherungsvorkehrungen bestimmt sich dabei unter Abwägung der Wahrscheinlichkeit der Gefahrverwirklichung, der Gewichtigkeit möglicher Schadensfolgen und der Höhe des Kostenaufwands, der mit etwaigen Sicherungsvorkehrungen einhergeht.“ Dieser Satz ist besonders wichtig, nicht nur für Fälle dieser Art, sondern für alle Fälle, in denen es um mögliche Sicherheitsvorkehrungen geht, die Anlagenbetreiber treffen könnten, um etwaige Schäden zu verhindern. Im Rahmen dieser Sorgfaltspflichten muss der Betreiber auch in deutlicher und verständlicher Weise über die Gefahren der Nutzung der Anlage informieren. Weiter klärt der BGH nochmals über die Beweislastverteilung auf und bestätigt die ständige Rechtsprechung, dass es nur dann zu einer Beweislastumkehr kommt, wenn die für den Schaden in Betracht kommenden Ursachen allein im Obhuts- und Gefahrenbereich des Anlagenbetreibers liegen. Dann muss er darlegen und beweisen, dass ihn keine Pflichtverletzung trifft. Das war bei dem abgerissenen Tankdeckel jedoch nicht der Fall. Die Öffnung des Tankdeckels hatte ihre Ursache darin, dass das Fahrzeug des Klägers aufgrund seiner baureihenspezifischen technischen Ausstattung über keine Verriegelungsmöglichkeit bei der Nutzung einer vollautomatisierten Waschstraße verfügt. „Dieses spezifische technische Ausstattungsmerkmal fällt nicht in den Obhuts- und Gefahrenbereich des Anlagenbetreibers“, sagt der BGH. Auch seiner Hinweispflicht hatte der Betreiber Genüge getan durch den Hinweis „Tank- und Wartungsklappen müssen sicher verriegelt sein“.
„Sicher verriegelt“ beinhaltet mehr als lediglich „geschlossen“
Der BGH betont, dass „sicher verriegelt“ mehr beinhaltet als lediglich „geschlossen“. Insofern ist diese Formulierung unbedingt empfehlenswert. Für den BGH steht außer Streit, dass alle Fahrzeuge aus dieser Baureihe über keine Verriegelungsmöglichkeit des Tankdeckels bei der Nutzung einer Waschstraße verfügen. Es wäre allerdings Sache des Kunden gewesen, sich diesbezüglich zu informieren und sicherzustellen, dass er seinen Tankdeckel verriegeln könne oder eben von der Nutzung der Waschanlage Abstand zu nehmen. Nun folgt der Wermutstropfen für die Waschbranche: „Ob Abweichendes dann gilt, wenn der Anlagenbetreiber – zum Zeitpunkt der Waschstraßennutzung durch den Kunden – die fehlende Verriegelungsmöglichkeit des Tankdeckels an Fahrzeugen wie demjenigen des Klägers positiv kennt, mag dahinstehen, …“ Das kann für die Beschädigung weiterer Tankdeckel an BMW X3- Fahrzeugen zu einer anderen Rechtsprechung führen, nämlich dann, wenn ein Gericht die Auffassung vertritt, durch die Veröffentlichung dieses BGH-Urteils müssten alle Waschanlagenbetreiber Kenntnis davon haben, dass BMW X3-Fahrzeuge nicht für Waschstraßen (und höchstwahrscheinlich auch nicht für Portalwaschanlagen) geeignet sind.
Praxistipps:
- Achten Sie unbedingt darauf, dass Ihre Einfahrt- und Bedienungshinweise die Sätze enthalten, dass der Fahrzeugführer die Bedienungsanleitung seines Fahrzeugs, insbesondere zum Thema automatische Fahrzeugwäsche beachten muss und 2. dass alle Tank- und Serviceklappen sicher zu verriegeln sind oder noch besser: während des gesamten Waschvorgangs sicher verriegelt sein müssen. Auch weitere Formulierungen sind natürlich empfehlenswert wie zum Beispiel „keine Parkbremsen, automatischen Bremsen oder ähnliches – Fahrzeug muss während des gesamten Waschvorgangs frei rollen können.“
- Man könnte bei der Wäsche von BMW X 3-Fahrzeugen künftig durch ein deutlich angebrachtes Hinweisschild auf das Risiko der Beschädigung des Tankdeckels hinweisen oder noch besser einen konkreten Haftungsausschluss mit dem Kunden vereinbaren, zum Beispiel durch einen Vordruck: „Der/Die Fahrer/in des BMW X3 mit dem amtlichen Kennzeichen … wurde darauf hingewiesen, dass auch bei ordnungsgemäßer Durchführung der Fahrzeugwäsche in der automatischen Waschanlage das Risiko der Öffnung, Beschädigung oder des Abrisses des Tankdeckels erfolgen kann. Zwischen Waschstraße … und Fahrzeugführer … wird daher vereinbart, dass im Falle des Eintritts einer solchen Beschädigung inklusive etwaiger Folgeschäden eine Haftung der Waschanlage … ausgeschlossen ist, es sei denn, dem Anlagenbetreiber oder seinem Personal können Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen werden.
Der BGH hat mit seinem Urteil vom 30.11.2004 einen pauschalen Haftungsausschluss abgelehnt. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass ein konkreter Haftungsausschluss zulässig sein müsste. Ob ein solcher Haftungsausschluss allerdings angesichts dieser Sachlage möglich ist (oder ob der Betreiber dann nicht doch verpflichtet ist, die Wäsche dieser Fahrzeuge abzulehnen), ist eine Frage, die möglicherweise ein späteres BGH-Urteil oder vorher einzelne Amts- oder Landgerichtsurteile entscheiden werden.“
Text: Thomas Drott, Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt), Geschäftsführer BTG.