
So schnell ändern sich die Zeiten. Es ist noch nicht lange her, als Nachhaltigkeit nur ein nettes „nice to have“ war. Inzwischen gilt dieses Thema als absolutes Muss. Auch die Tabakbranche und deren Produkte sind von diesem Wandel geprägt.
Kann ich die im Shop angebotenen Artikel ohne schlechtes Gewissen kaufen? Wer hat sie auf welche Weise produziert? Geht es den Herstellern nur um Profit – oder übernehmen sie gesellschaftliche, ökologische und soziale Verantwortung? Was tun sie, um die Umwelt zu entlasten, den Klimaschutz zu verbessern und Müll zu vermeiden? Wie ist es um faire Arbeitsbedingungen bestellt? Inzwischen stellen immer mehr Shopper Fragen dieser Art und orientieren ihr Einkaufsverhalten daran. Das zeigt eine aktuelle Studie der Wirtschaftsprüfer von „Deloitte“. Demnach bevorzugen 62 Prozent der Befragten nachhaltige Produkte. Viele davon sind sogar bereit, dafür mehr auszugeben. Unter den Teilnehmern der Studie waren höchstwahrscheinlich auch Raucher. Allerdings gibt es bei Tabakwaren ein Problem. Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs dürfen sie nicht mit Logos wie „bio“ oder „ökologisch“ beworben werden. Daraus den Schluss zu ziehen, dass die Tabakbranche nicht nachhaltig handeln würde, wäre aber falsch. „Philip Morris International“ und JTI gehören zum Beispiel zu derzeit 321 Konzernen, die im „Dow Jones Sustainability“-Index gelistet sind. Grundlage dieses Nachhaltigkeits-Rankings sind wirtschaftliche, ökologische und soziale Kriterien. Auch bei nicht börsennotierten Herstellern von Tabakwaren spielen diese Dinge eine immer wichtigere Rolle. Zum einen aus eigenem Antrieb, um die Welt ein bisschen besser zu machen. Zum anderen, „weil das Bewusstsein der Konsumenten für umweltfreundliche Alternativen wächst“, wie Markus Oberwalleney betont, Vice President Buying & Category Management Tobacco & e-va beim Großhändler „Lekkerland“. „Nachhaltigkeit ist heute ein zentrales Thema im Alltag vieler Menschen. Sie erwarten, dass ihnen eine Auswahl entsprechender Produkte angeboten wird.“ Um deren Umsatzpotenzial zu nutzen, sollten Tankstellenbetreiber nachhaltige Tabakwaren gezielt und gut sichtbar präsentieren.
Selbstdreher führen Verkaufs-Hitliste an
Das gilt besonders zusatzstofffreie Produkte, die ausschließlich auf dem natürlichem Rohstoff Tabak basieren. Ein Beispiel dafür sind Zigaretten und Drehtabake der Marke „Pueblo“ von „Pöschl“. „Sie enthalten weder Konservierungs- noch Aromastoffe. Wir verwenden für die Rohtabake, die ausnahmslos von Hand geerntet werden, auch keine Mittel zum Feuchthalten“, erklärt Pressesprecher Alexander Dalli. „Das einzige, was hinzukommt, ist Wasser. Dies garantiert puren Tabakgenuss.“ Sehr beliebt bei Selbstdrehern sind die „Pueblo“-Varianten „Classic“ und „Blue“. Sie führen die Verkaufs-Hitliste von „Lekkerland“ an. Dicht gefolgt vom ebenfalls hochwertigen „American Spirit“-Tabak, der mit „Original Blue“ und „Orginal Yellow“ die Plätze drei und fünf belegt. Das JTI-Produkt gilt als erste Marke, die 1982 das ursprüngliche Geschmackserlebnis auf den Markt zurückgebracht hat. Inspiriert wurde das Comeback von der Kultur der amerikanische Ureinwohner und deren bewusst schonendem Umgang mit Ressourcen und der Natur. Der Erfolg der Premium-Marke „American Spirit“, die auch im Zigaretten-Segment vertreten ist, beruht laut JTI „auf Authentizität, Respekt gegenüber der Umwelt, Handarbeit und Leidenschaft für unverfälschten Tabakgenuss“.
Zu den Pionieren naturbelassener Produkte gehört auch das Traditionsunternehmen „Joh. Wilh. von Eicken“. „Seit über 20 Jahren teilen wir die Ansicht, dass unverfälschter, purer Tabakgenuss keine weiteren Zusätze benötigt“, sagt Anika Boysen, Senior Marketing Managerin. „Als Synonym in dem weltweit stark wachsenden Segment stehen unsere Marken ,Pepe‘, ,Manitou‘ und ,Sioux‘, die wir als Zigaretten sowie Dreh- und Stopftabake anbieten.“ Bei diesen Produkten, die vegan sind, verzichtet der Hersteller auch auf jegliche Art von Tierversuchen. „Philip Morris“ setzt ebenfalls Zeichen im zusatzstofffreien Segment. Mit den Varianten „Simply Red“ und „Simply Blue“ der Marken „Marlboro“ und „L&M“ sowie den Feinschnitt-Produkten „Chesterfield Unplugged Red“ und „Pielroja Tobacco“.
„Von Eicken“ hat seine „Manitu“-Zigaretten außerdem mit einem neuen Filter ausgestattet, „der deutlich schneller biologisch abgebaut werden kann als herkömmliche“. Allerdings enthalte dieser immer noch Bestandteile aus Mikroplastik. „Unsere Versuche mit reinen Papier- ode Vliesfiltern führen derzeit leider noch dazu, dass der Geschmack einer Zigarette deutlich schärfer wird“, bedauert Anika Boysen. Zudem konnten die gesetzlich vorgeschriebenen Abrauchwerte bislang nicht exakt eingehalten werden. „Sobald wir das gelöst haben, wollen wir auch bei diesem Thema unseren kleinen Beitrag für eine bessere Welt leisten.“ Bei den Inlinern, mit denen die Zigaretten in der Schachtel umschlossen werden, ist das Familienunternehmen schon deutlich weiter. „Seit geraumer Zeit sind wir dabei, die meisten Marken schrittweise auf aluminiumfreies Material umzustellen.“ Auch bei den Verpackungen ist „von Eicken“ nachhaltig unterwegs. „Die Folien der Originalpackung unserer Zigaretten ,Pepe‘ und ,Manitu‘ sind nach ISO 17088:2008 zertifiziert und seit über fünf Jahren biologisch abbaubar.“ Wo das nicht möglich sei, werde die Folienstärke zumindest reduziert, sonst gebe es spürbare Qualitätseinbußen.
Auch JTI arbeitet intensiv an alternative Materialen für Zigarettenfilter. Momentan laufen erste Tests im Werk Trier. Dort wurde Anfang des Jahres auch eine Anlage gestartet, die bei der Verpackung „neue Maßstäbe für die gesamte Branche setzt“, sagt Pressesprecherin Sabrina Sasse. „Sie kann Zigarettenpäckchen ohne Plastikfolie herstellen, gleichzeitig wird der Inhalt durch ein Innenpapier mit Barriere-Schicht hermetisch versiegelt.“ Die innovative Verpackungslösung sei nicht nur nachhaltiger, sondern schütze die Zigaretten auch vor dem Austrocknen. „So bleiben Frische und Qualität erhalten.“ Durch den Verzicht auf äußere Plastikfolie seien die Paper Backs, die bereits im Handel erhältlich sind, auch leicht recyclebar. „Die leere Verpackung kann komplett übers Altpapier entsorgt werden.“ Mit dem neuen Design-Ansatz werde JTI den hohen Ansprüchen der Konsumenten gerecht, ohne dass diese mehr bezahlen müssten: Der Preis für die umweltfreundlich verpackten „American Spirit“-Zigaretten bleibt unverändert.
Auch „Philip Morris“ setzt auf die Reduzierung von Verpackungsmaterial, um seinen ökologischen Fingerabdruck zu verringern und negative Auswirkungen auf unseren Planeten und die Gesellschaft zu reduzieren. „Pöschl hat den Plastikanteil seiner Tabakbeutel ebenfalls deutlich reduziert“, sagt Dalli. „Beim Produktionsprozess von ,Pueblo‘ verzichten wir zudem gänzlich auf Verbundmaterialien.“ Zum Einsatz kommen stattdessen Stoffe, die nach der Trennung in Papier- und Plastikteile entsorgt werden können. Auch bei größeren Verpackungseinheiten ist das Familienunternehmen aus Niederbayern fündig geworden: „Für Feinschnitt haben wir eine umweltfreundliche Frische-Dose entwickelt, die der Konsument in den Papiermüll werfen kann.“ Außerdem sind die Dosen aller „Pöschl“-Marken in Deutschland mit dem FSC-Mix-Label zertifiziert. Das gewährleistet, dass für die Papierproduktion unter anderem nur Holz verwendet wird, das aus kontrollierten Quellen stammt. Dadurch werden Wälder und Öko-Systeme geschützt. Auch dies trägt dazu bei, unsere (Um)welt ein bisschen besser zu machen.
Top Ten Drehtabake
- „Pueblo Classic“
- „Pueblo Blue“
- „American Spirit Original Blue“
- „Lucky Strike Origins USA Red“
- „American Spirit Original Yellow“
- „Javaanse Jongens White“
- „Canuma Drehtabak“
- „Pepe Rich Green“
- „Javaanse Jongens Classic“
- „Pielroja Rolling Tobacco“
(Quelle: „Lekkerland“-Absatzzahlen)
Nachhaltige Maßnahmen
Klima- und Arbeitsschutz
„Philip Morris“:
- „61 Prozent der Produktionsstätten sind als klimaneutral zertifiziert.“
- „Der Anteil der Kinderarbeit unter den Vertragsbauern wurde auf 0,01 % gesenkt.“
- „99 Prozent der Vertragsbauern erzielen ein existenzsicherndes Einkommen.“
- „Seit 2018 haben wir in Hochrisiko-Ländern zehn Prüfungen abgeschlossen, damit die Menschenrechte eingehalten werden.“
- „Die Investitionen in unsere Lieferketten verbessern die Lebensbedingungen der Landwirte. Zudem mindern sie das Risiko von Verletzungen des Menschen- und Arbeitsrechts, einschließlich Kinder- und Zwangsarbeit.“
JTI:
- „Wir erwarten von allen Mitarbeitern, Geschäftspartnern und jeder Person, die weltweit in unserem Namen handelt, dass sie unseren höchsten Standards ethischen Verhaltens gerecht werden.“
- Unsere Muttergesellschaft hat sich verpflichtet, bis 2050 Netto-Null-Emissionen innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette zu erreichen.“
„Pöschl“:
- „Wir schließen mit allen Lieferanten unserer Rohtabake rechtsgültige Verträge ab. Dabei legen wir insbesondere auf folgende Kriterien höchsten Wert: Verzicht auf Kinderarbeit, Verbot von Zwangsarbeit, Einhaltung strenger Vorgaben auf Arbeitsbedingungen und Arbeitsumfeld, Verbot von Diskriminierungen jeglicher Art, Einhaltung lokaler Gehaltsgefüge, Verzicht auf genmanipulierte Sorten.“
„von Eicken“:
- „Alle Rohtabaklieferanten sind durch rechtsgültige Verträge verpflichtet, wichtige Kriterien zu befolgen. Dazu gehören zum Beispiel Verzicht auf Kinderarbeit, Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern, gefahrlose Arbeitsplätze, Einhaltung von sogenannten guten landwirtschaftlichen Praktiken.“
- „Für ,Manitu‘ verwenden wir ausschließlich Rohtabake, die durch externe Kontrollverbände zertifiziert sind. Dadurch wird der Einsatz von Pestiziden und künstlichen Düngemitteln ausgeschlossen. Außerdem verzichten wir auf jegliche Genmodifikation.“
Ressourcenschutz
„Philip Morris“:
- „Von 2019 bis 2024 haben wir die Treibhausgase in unseren Fabriken um 43 Prozent reduziert.“
- „Seit 2019 haben wir 12,3 Millionen Kubikmeter Wasser in unserer Tabak-Lieferkette eingespart.“
JTI:
- Bis 2030 streben wir Klimaneutralität an.“
„von Eicken“:
- „Wir setzen verstärkt auf regenerative Energien. Mit der Photovoltaikanlage auf dem Dach unseres Firmensitzes in Lübeck gewinnen beispielsweise wir einen großen Teil des Stroms und senken unsere CO2-Emissionen dauerhaft.“
Gesundheits- und Jugendschutz
„Philip Morris“:
- „Seit 2008 haben wir 14 Milliarden Dollar in rauchfreie Produkte investiert, die im Vergleich zu herkömmlichen Tabakwaren als deutlich weniger schädlich gelten.“
- „In sechs Märkten erzielten wir mehr als 75 Prozent des Nettoumsatzes mit rauchfreien Produkten.“
- „99 Prozent des gesamten Versandvolumens werden durch Programme abgedeckt, um zu verhindern, dass Minderjährige Zugang zu unseren Produkten haben.“
Text: Gerhard Hörner