Verband des Kfz-Gewerbes – Bezahlbare E-Mobilität und weniger Bürokratie

Michael Ziegler, Präsident des Verbands des Kfz-Gewerbes Baden-Württemberg
Foto: Verband des Kfz-Gewerbes Baden-Württemberg

Der Automobilmarkt in Baden-Württemberg zeigt ein geteiltes Bild: Während der Gebrauchtwagenmarkt deutlich zulegt, kämpft der Neuwagenmarkt mit Herausforderungen – besonders bei der Elektromobilität. Der Verband des Kraftfahrzeuggewerbes Baden‑Württemberg stellte vergangene Woche auf seiner Jahrespressekonferenz aktuelle Marktdaten vor und formulierte klare Forderungen an die Politik für eine erfolgreiche Transformation der Mobilität.

„Mit 1,27 Millionen Autokäufen in Baden-Württemberg zeigt sich, dass wir trotz aller Diskussionen über alternative Mobilitätskonzepte weiterhin ein Land der Autofahrer sind“, erklärte Birgit Leicht, Pressesprecherin des Verbandes. Der Neuwagenmarkt verzeichnete mit 404.124 Zulassungen einen leichten Rückgang von 0,6 Prozent, wobei alternative Antriebe erstmals in der Überzahl waren (54,8 Prozent). Besonders besorgniserregend: Die reinen Elektro-Fahrzeuge erlebten einen drastischen Einbruch von 21,3 Prozent auf nur noch 66.479 Zulassungen, während Hybridfahrzeuge deutlich zulegten.

Als stabilisierender Faktor erwies sich der Gebrauchtwagenmarkt mit 866.720 Besitzumschreibungen und einem Plus von 6,6 Prozent. Für 2025 prognostiziert der Verband einen konstanten Neuwagenmarkt, während der Gebrauchtwagenmarkt voraussichtlich um weitere vier bis fünf Prozent auf rund 910.000 Besitzumschreibungen wachsen wird. „Der bevorstehende Preiskampf wird jedoch auch den Gebrauchtwagenmarkt erschüttern. Hohe Preisnachlässe bei Neuwagen drücken direkt auf die Restwerte älterer Fahrzeuge und sorgen für brutalen Margendruck in unseren Betrieben“, warnte Leicht. Dies bedeute weniger Ertrag trotz höherer Verkaufszahlen.

Bezahlbare E-Mobilität als Schlüssel zur erfolgreichen Transformation

„Der Preisunterschied zwischen E-Autos und vergleichbaren Verbrennern von 10.000 bis 15.000 Euro bleibt die zentrale Hürde für den Hochlauf der Elektromobilität“, betonte Verbandspräsident Michael Ziegler. „Mit den richtigen Rahmenbedingungen können wir die Klimaziele erreichen. Aber dafür brauchen wir Anreize statt Verbote, Ermutigung statt Bevormundung. Sonst gibt es keine Akzeptanz bei den Kundinnen und Kunden.“

Das abrupte Ende der Förderung Ende 2023 hat laut Verband das Vertrauen nachhaltig erschüttert. Der aktuelle DAT-Report bestätigt: 77 Prozent der Pkw-Halter planen, ihr derzeitiges Auto länger zu fahren, um die Entwicklung der E-Mobilität abzuwarten. „Die Kunden wollen erst Erfahrungswerte sehen, bevor sie investieren“, erklärte Ziegler.

Der Verband fordert einen Dreiklang aus Technologie, Bezahlbarkeit und Infrastruktur: Erstens eine Reform der Förderstruktur mit verlässlichen, einkommensabhängigen Kaufanreizen. Zweitens einen massiven Ausbau der Ladeinfrastruktur, die laut DAT-Report erstmals der Hauptgrund gegen den Kauf eines E-Autos ist. Und drittens gezielte staatliche Förderung für technologische Innovationen. Das im EU-Aktionsplan vorgesehene Batterie-Booster-Paket mit 1,8 Milliarden Euro sei ebenfalls ein Schritt in die richtige Richtung, erklärte Ziegler. Die individuelle Mobilität dürfe nicht zum Luxusgut werden.

Globaler Wettbewerb erfordert technologische Vielfalt

„Der Standort Deutschland steht unter Druck wie nie zuvor“, warnte Ziegler mit Blick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Automobilwirtschaft. Besonders problematisch sei die aktuelle CO2-Bepreisung: Deutsche Hersteller müssen bei ausländischen E-Fahrzeug-Produzenten CO2-Zertifikate zukaufen, um Strafzahlungen zu vermeiden. Allein Tesla generierte im Jahr 2024 etwa 2,73 Milliarden US-Dollar durch den Verkauf solcher Zertifikate – Geld, das wir dringend für die eigene Transformation bräuchten. Der im EU-Plan vorgesehene dreijährige Flexibilitätskorridor sei ein erster wichtiger Schritt, aber es bedürfe weiterhin einer grundlegenden Reform.

Der Verband fordert eine differenziertere Betrachtung der globalen Automobilmärkte. „Während wir in Europa den Fokus auf E-Mobilität setzen, wird die Realität in Lateinamerika, Afrika und weiten Teilen Asiens eine andere sein, wo Verbrennungsmotoren noch über Jahrzehnte dominieren werden“, erklärte Ziegler. „Allein in der Asien-Pazifik-Region wird der Markt für Verbrennungsmotoren bis 2033 jährlich um fast zehn Prozent wachsen.“

Der Verbandspräsident plädierte für Technologieoffenheit: „Wir können und müssen Technologieführer für alle Formen klimafreundlicher Mobilität werden – sowohl bei der E-Mobilität als auch bei effizienten, umweltfreundlichen Verbrennern.“

Als wichtiges Signal wertete Ziegler den am 5. März vorgestellten EU-Aktionsplan. Der Plan enthält konkrete Flexibilisierungen bei CO2-Grenzwerten, ein 1,8-Milliarden-Paket für Batterietechnologie und das vorgezogene Überprüfen des Verbrenner-Aus im Herbst 2025. Europa scheint zu verstehen: Nur mit einer wettbewerbsfähigen Automobilindustrie und einem starken Kfz-Gewerbe kann die Transformation gelingen.

Wirtschaftliche Erleichterungen für den Mittelstand notwendig

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen müssten dringend verbessert werden, betonte Ziegler: „Der Mittelstand in Deutschland steht unter massivem Druck. Kleine und mittlere Betriebe, die als Personengesellschaften geführt werden, müssen ihre Gewinne mit bis zu 45 Prozent Einkommensteuer versteuern – zusätzlich zur Gewerbesteuer.“

Die Bürokratiebelastung stelle für viele Betriebe eine existentielle Bedrohung dar: „Der Meister verbringt mehr Zeit am Schreibtisch als in der Werkstatt. Bis zu 20 verschiedene Beauftragte müssen benannt werden, was wertvolle Ressourcen bindet, die wir für unsere eigentliche Arbeit brauchen.“

Der Verband fordert ein konkretes Fünf-Punkte-Sofortprogramm für den Automobilstandort: Eine grundlegende Steuerreform und eine Kostenbremse in der Sozialversicherung, eine Digitalisierungsoffensive in der Verwaltung, eine Reform des Arbeitszeitgesetzes für mehr Flexibilität, eine wirksame Energiepreisbremse sowie eine umfassende Entbürokratisierung. „Klimaschutz, Innovation, sozialer Zusammenhalt – all das funktioniert nur mit einem gesunden Mittelstand als Fundament“, fasste Ziegler zusammen.

Kritik am geplanten Landesmobilitätsgesetz

Mit deutlicher Kritik äußerte sich der Verbandspräsident zum aktuellen Entwurf des Landesmobilitätsgesetzes in Baden-Württemberg: „Was wir nicht brauchen, ist eine Verkehrspolitik, die das Auto aus dem Alltag verdrängen will. Der aktuelle Entwurf versucht, eine gewünschte Mobilität an den Bedürfnissen der Verbraucher vorbei durchzusetzen.“

Besonders problematisch sei die geplante Mobilitätsabgabe, die für Autohäuser und Werkstätten im schlechtesten Fall erhebliche Belastungen bedeuten würde. „Wir fordern das Verkehrsministerium auf, Vorführwagen, Tageszulassungen und rote Kennzeichen verbindlich von der Abgabe auszunehmen“, so Ziegler. Denn bei diesen könne der Zweck der Abgabe – der Umstieg auf den ÖPNV – gar nicht erreicht werden.

Zwar seien durch die Streichung der Arbeitgeberabgabe und der City-Maut im Gesetzentwurf bereits schlimmere Belastungen verhindert worden, dennoch ignoriere der geplante Mobilitätspass weiterhin die Realitäten im ländlichen Raum, wo der ÖPNV oft keine praktikable Alternative darstelle.

Investitionen in Fachkräfte und Ausbildung zahlen sich aus

Als erfreuliche Entwicklung präsentierte der Verband die Ausbildungsbilanz mit 4.584 neuen Ausbildungsverträgen im baden-württembergischen Kfz-Gewerbe. Beim Kfz-Mechatroniker verzeichnete das Land mit 3.249 neuen Verträgen ein Plus von 7,7 Prozent – mehr als im Bundesschnitt – womit dieser Beruf seine Position als beliebtester technischer Ausbildungsberuf behauptet. Für die Fachkräftesicherung fordert der Verband wohnortnahe Berufsschulen mit flexiblen Klassenteilern, moderne Ausstattung für E-Mobilität und echte Gleichstellung von akademischer und beruflicher Bildung. Dabei lobte Ziegler Leuchtturmprojekte wie die E-Werkstatt in Bruchsal und das HyLab in Backnang. Bei der Meisterprämie sieht der Verband Nachholbedarf: Mit 1.500 Euro liegt Baden-Württemberg deutlich hinter Bayern (3.000 Euro) und Niedersachsen (4.000 Euro) zurück, der Verband fordert daher eine Verdoppelung auf 3.000 Euro.

Gemeinsam die Transformation gestalten – mit Vernunft und Weitblick

„Die Transformation unserer Mobilität ist in vollem Gange, und wir stehen zu dieser Entwicklung. Aber sie muss mit den Menschen gestaltet werden, nicht gegen sie“, fasste Verbandspräsident Ziegler zusammen. Als tägliche Schnittstelle zwischen Herstellern und Kunden erlebe das Kfz-Gewerbe unmittelbar, was Autofahrer wirklich bewegt.

Für eine erfolgreiche Transformation brauche es drei Grundvoraussetzungen: Bezahlbare E-Mobilität mit verlässlicher Infrastruktur, Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit durch Technologieoffenheit und ein wirtschaftliches Umfeld mit weniger Bürokratie und fairen Steuern für den Mittelstand.

„Unsere Betriebe haben bereits erheblich in die Zukunft investiert – nun muss auch die Politik liefern“, betonte Ziegler. Die Bedeutung des Automobils als Garant für Freiheit und Unabhängigkeit für 92 Prozent der Autofahrer dürfe dabei nicht vergessen werden. „2025 wird das entscheidende Jahr für die Elektromobilität. Mit den richtigen Weichenstellungen können wir Klimaschutz und Wohlstand gemeinsam sichern. Die Zeit zum Handeln ist jetzt!“

www.kfz-bw.de

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